Factoring ist insgesamt ja keine neue Sache, wird aber meines Erachtens historisch etwas missverstanden. Forderungsabtretung? Bist du Pleite?
Nein, damit hat das Factoring nichts (mehr) zu tun. Klar: Es geht und ging immer um Liquidität. Fehlende Liquidität ist für ein Unternehmen schon immer ungünstig gewesen – von daher ist garantierte Liquidität eine gute Sache! Denn beim Factoring tritt ein Dritter für die Begleichung einer Rechnung ein und zahlt binnen weniger Stunden die Leistungen die dem Kunden erbracht wurden. Das bedeutet: die Geschäfte können durchgeführt werden, die Zahlung erfolgt sehr schnell und der Kunde hat bis zu 60 Tage Zeit, die Rechnung an das Factoring-Unternehmen zu begleichen. Das sind immerhin 53 Tage mehr, als ich persönlich einräumen möchte (weil ich keine Bank bin).
Im Normalfall ist das ja eher unnötig, wenn der Kunde von sich aus schnell zahlt. Die Realität sieht aber meist doch anders aus. So gehört das Mahnwesen zu den regelmäßigen Aufgaben eines Freelancers (und ist sicherlich nicht nur denen vorbehalten).
Zahlungserinnerungen & Mahnungen schreiben nervt!
Ein Freelancer ist für gewöhnlich ein Einzelkämpfer und damit der Verkäufer, Dienstleister und die Mahnabteilung gleichermaßen. Das passt nicht jedem Freelancer – mir zum Beispiel nicht. Denn erstens habe ich gefühlt wichtigeres zu tun, als Zahlungserinnerungen & Mahnungen zu schreiben und zweites ist es irgendwie auch eine emotionale Kiste. Höflich bleiben obwohl man ggf. doch etwas irritiert bis sauer ist, je höher die Mahnstufen klettern.
Klar: die meisten Kunden zahlen schnell, spätestens nach der ersten Zahlungserinnerung – denn im Alltag kann ja immer mal etwas übersehen werden. Gut ein Drittel ist aber halt leider auch eher zäh unterwegs – teilweise wegen eigenem Liquiditätsmangel. Das aber kann und darf jedoch nicht meine Baustelle sein.
Factoring ist für mich die Lösung
Was etwas staubig klingt, ist heute wieder modern. Denken wir an Klarna – die bieten im B2C Geschäft eigentlich nichts anderes an. Und Klarna ist auf massivem Wachstumskurs – denn Kunden lieben die Zahlungsart „Rechnung“ in Verbindung mit etwas Sicherheit durch Käuferschutz. Klar verdient Klarna bei diesem Vorgang und trägt schliesslich auch das bewertete Risiko, aber am Ende ist es eine WinWinWin Situation:
- Die Leistung kann umgehen erbracht werden
- Der Leistungserbringer bekommt umgehend das Geld
- Der Kunde hat Käuferschutz und kann mit bis zu 30 – teilweise auch länger bzw. in Raten zahlen
Für mich als Freelancer bedeutet das aber auch: ein möglicherweise nachgelagertes Mahnwesen ist dann nicht mehr meine Sache und dieser Gedanke ist für mich sehr sehr wertvoll, weswegen ich wohl in Kürze auf Factoring umstellen werde.
Ist Factoring aber nicht teuer?
Klar: Die Leistung die ein Factoring Unternehmen erbringt, kostet Geld. Zunächst wird sicherlich eine Bonitätsauskunft und Bewertung der Forderung im Raum stehen, dann die Vergabe eines „Kredites“ an den Kunden über bis zu 60 Tage Laufzeit. Mit dem Risiko, dass im Anschluss gemahnt werden muss – also auch solche Dinge in die Kalkulation des Factoring einfliessen müssen.
Üblicherweise fallen beim Factoring etwa 3% an, die bei der Auszahlung vom Rechnungsbetrag abgezogen werden. Wer bislang mit Skonto gearbeitet hat, wird also den Invest in das Factoring gar nicht wirklich mitbekommen. Wer bislang kein Skonto angeboten hat, muss es eben so sehen, dass die sofortige Liquidität auch mal 3% kosten darf.
Und wenn wir ehrlich sind: Diese 3% für die Kosten des Zahlungsverkehrs fallen im Internet irgendwie immer an. Lasse ich den Kunden per Paypal zahlen, zieht Paypal rund 3% ein. Kann der Kunde via Kreditkarte zahlen, zieht der Payment Service Provider 3% ein.
Gut organisierter, schneller Cashflow kostet zumindest in diesem Internet nun mal Geld und ist daher nicht mit dem guten alten Bargeldgeschäft im Supermarkt zu vergleichen und auch da gilt spätestens seit Corona: Höhere Kosten für den Händler – zugegeben aber auch bequemeren Zahlungsverkehr. Am Ende eine Sache der Kalkulation!
Fragen an das Factoring-Unternehmen
Wenn aber jemand in deinem Namen Geld eintreiben soll, dann Bedarf dieser Vorgang auch etwas Vorbereitung und Abstimmungsarbeit. Denn nicht alle Factoring-Unternehmen arbeiten gleich.
Fragen die mir spontan zu dem Thema Factoring einfallen:
- Kann jede Rechnung in das Factoring übergeben werden?
- Können B2B und B2C Geschäfte gleichermaßen abgewickelt werden?
- Erhalten die Kunden im Vorfeld (je Vorgang) eine Information über die Verfahrensweise? Wer informiert den Kunden?
- Wie muss die Rechnung aussehen? Ist schon vor dem Versand der Rechnung klar, ob ein Factoring möglich ist? (Angaben auf der Rechnung)
- Wie muss die Rechnung aussehen, wenn Factoring nicht möglich/gewünscht ist und wie handhabt das meine Rechnungssoftware?
- Was passiert wenn der Kunde versehentlich an mich überweist, obwohl es ein Factoring Vorgang ist?
- Welche Dokumente (Vertrag, Angebot, Auftragsbestätigung, Zeitnachweise) müssen zur Begründung der Rechnung vorhanden sein?
- Was ist im Falle eines Widerspruchs/Beanstandungen zur Rechnung durch den Kunden? Wie wird eine beanstandete Rechnung gehandhabt?
- Werden Sicherheitseinbehalte vorgenommen (Teilauszahlungen) – wie wirkt sich das auf die Buchhaltung aus? (Wir wollen ja keine neuen Baustellen schaffen)?
- Wie reagiert das Factoring-Unternehmen bei Nichtzahlung? Wie belastend wäre das für die Geschäftsbeziehung (unabhängig davon, dass säumige Kunden ggf. nicht immer die richtigen Kunden sind)
- Welche Zahlungsmöglichkeiten hat mein Kunde beim Factoring-Unternehmen?
- Was passiert mit versehentlich erstellten Rechnungen (z.B. versehentlich nicht gelöschte Abo-Rechnungen) – ist ein Storno bzw. eine Rechnungskorrektur relativ einfach möglich? Welche Kosten fallen an?
- Habe ich einen Einblick in die Vorgänge und Zahlungsstatuten?
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